Die Volksstimme hat am 8. Juli einen Artikel über unsere Wanderung veröffentlicht. Vielen Dank an Frau Zumbrunn
Zu Fuss einmal quer durch Europa
«Wir Schweizer haben ja das Gefühl, wir hätten das Panorama allein gepachtet», sagen Richard Chresta und Evelyne Lüönd. Bilder zvg
Lisa Zumbrunn
«Von Tarifa nach Hölstein» – dies ist die Überschrift des Internetblogs von Richard Chresta und Evelyne Lüönd. Der so simpel erscheinende Titel beschreibt das Projekt des Hölsteiner Ehepaars, das dieses im vergangenen März gestartet hat. Zu Fuss wollen sie den Wandertrail E4 absolvieren, der quer durch Europa geht. 10 500 Kilometer führen von Spanien via Schweiz, Ungarn, Bulgarien, Griechenland und weiteren Ländern nach Zypern. Die Tour ist kein Kurzurlaub für Abenteuerlustige. Für das Projekt Fernwandern liessen sich die beiden pensionieren.
Sie seien schon immer ferngewandert, erklärt Richard Chresta. Doch arbeitsbedingt seien sie jeweils maximal drei Wochen unterwegs gewesen. «Mein Traum war es, den 3500 Kilometer langen Appalachian-Trail in den USA zu machen», erzählt er. Verschiedene Umstände bewogen das Ehepaar aber dazu, seine erste längere Fernwanderung in Europa zu planen. Willkürlich wählten sie den Wanderweg E4. Neben dreimal längerer Distanz wurden die beiden vor weitere Herausforderungen gestellt.
So ist ein «Thruhike», was für eine Wanderung an einem Stück steht, aufgrund der kalten Winter nicht möglich: «Wir entschieden uns dazu, den E4 in drei Teilen zu bestreiten.» Während dreier Jahre wandert das Ehepaar nun jeweils über 3000 Kilometer in den Frühlings- und Sommermonaten. Dazwischen überwintern sie in ihrer Wohnung in Hölstein. Die Tour dokumentieren sie auf ihrem Blog.
Seit vergangenem März sind Richard Chresta und Evelyne Lüönd nun auf ihrer ersten Teilwanderung unterwegs. Gestartet in Tarifa, möchten sie im August Hölstein erreichen. Zurzeit befinden sie sich in der Nähe von Carcassonne in Frankreich und haben bereits über 2000 Kilometer hinter sich gebracht. Das Fazit: «Trotz sorgfältiger Planung und viel Erfahrung gibt es immer wieder Überraschungen.» Momentan macht den beiden die Hitze zu schaffen. Bei über 30 Grad Lufttemperatur komme man einfach weniger schnell voran. Dies zwingt Richard Chresta und seine Frau immer wieder umzuplanen. Gewisse Streckenteile kürzen sie mit dem öV, per Anhalter oder mit dem Taxi ab. Nach sechs Tagen wandern ist jeweils ein Ruhetag angesagt.
Tarragona: «Ruhigeres Barcelona»
Den Ruhetag nutzen sie je nach Umständen zur Erholung und für kleinere Stadtbesichtigungen. So zum Beispiel in der spanischen Stadt Tarragona. Dies ist der einzige Ort auf der diesjährigen Fernwanderung, der am Meer liegt. Das Ehepaar findet: «Wirklich sehr empfehlenswert. Für uns ist die Stadt ein bisschen wie Barcelona, aber viel ruhiger.» Vergnügliche Stadtbummel sind seit März aber eine Ausnahme für die beiden Wanderer. Normalerweise brechen sie spätestens um 8.30 Uhr auf und erreichen zwischen 15.30 und 17.30 Uhr ihre Etappenziele. Wenn möglich, übernachten sie in Hotels. Wenn sich kein Hotel in der Nähe befindet, übernachten sie im Zelt.
Letzteres ist Teil ihres sorgfältig ausgewählten Gepäcks. «Das Gewicht ist das A und O einer solchen Fernwanderung», sagt Richard Chresta. Ohne nachzudenken, weiss er auch gleich die genaue Masse des Gepäcks. «Ich selbst trage 6,9 Kilogramm auf dem Rücken, meine Frau 5,9 Kilogramm.» Gerade an heissen Tagen merkten sie zusätzliches Gewicht durch grössere Wasserreserven, was die Etappen zusätzlich erschwert. Trotz solcher Herausforderungen ist klar, dass die beiden erfahrene Fernwanderer sind und ihre Reise genaustens geplant haben. «Ein Abbruch des Abenteuers war bis jetzt noch nie Thema. Genau diese Lebensart haben wir uns ausgewählt», sagen sie zufrieden.
Gerade die unerwarteten, überraschenden Dinge machen diese Reise zu etwas Besonderem. Richard Chresta erzählt, sie hätten nicht viele Erwartungen bezüglich Landschaft gehabt. Allerdings sei die Aussicht teilweise fantastisch. Das Meer sei aus über 60 Kilometern sichtbar und sie seien überrascht von der grandiosen Natur. «Wir Schweizer haben ja das Gefühl, wir hätten das Panorama allein gepachtet», sagt der Hölsteiner mit einem Schmunzeln. Von Reue, dass sie nicht dem ursprünglichen Traum des Appalachian-Trails gefolgt sind, keine Spur. Dieser sei zu einem Klamaukentrail geworden, bei dem sich viele Unerfahrene überschätzten.
Auch nach über drei Monaten unterwegs sind die beiden des Wanderns noch kein bisschen müde. Regelmässig machen sie schöne Erfahrungen mit Land und Leuten. Besonders die Hilfsbereitschaft der Leute sei toll, betont das Ehepaar. Gerade dort, wo ihre Route den Pilgerweg kreuze, seien die Leute vor Ort sehr gastfreundlich. «Da gibt’s dann noch ein Dessert extra», sagen sie und lachen. Es zeigt sich: Richard Chresta und Evelyne Lüönd haben sich auf die Pension genau das erfüllt, was sie sich gewünscht haben. Ein Leben unterwegs mit wenig Ansprüchen, das ihnen immer wieder Neues zum Entdecken gibt. Schöner könnte es doch nicht sein.
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